Musik

„Wer die Musik nicht liebt, ist kein Mensch; wer die Musik liebt, ist ein halber Mensch; wer die Musik ausübt, ist ein ganzer Mensch“, soll Goethe 1828 gesagt haben. Ihn begleitete die Musik jedenfalls lebenslang. Seine Eltern musizierten, die Schwester und er lernten Klavier, er spielte auch Cello. Im Elternhaus verkehrten berühmte Musiker, schon der junge Goethe besuchte gern Konzerte und liebte die französischen Singspiele. In Italien entdeckte er die Musik der Renaissance, da lernte er Johann Friedrich Reichardt kennen, der später mehrere seiner Gedichte vertonte. Bei Carl Friedrich Zelter lernte er Musiktheorie. Goethe kannte und schätzte Beethoven, im Alter schwärmte er für den jungen Mendelssohn, seinem Herzen stand aber Mozart am nächsten. Im Weimarer Hoftheater, das unter seiner Leitung stand, wurde Mozart zum meistgespielten Opernkomponisten: seine Zauberflöte stand 82-mal, Don Giovanni 68-mal, Die Entführung aus dem Serail 49-mal, Così fan tutte 33-mal und Die Hochzeit des Figaro 19-mal auf dem Spielplan.

Goethes Gedichte wurden zum ersten Mal von seinem Freund Bernhard Theodor Breitkopf vertont. Im Band Neue Lieder in Melodien (1770), der mit Texten des jungen Goethe erschien, wurde jedoch der Name des Autors nicht angegeben – mit der Zeit änderte es sich. Besonders im 19. Jahrhundert entstanden viele Vertonungen, von denen Elischer einiges erwarb. Im Stiftungsbrief von 1895 war der Umfang seiner Notensammlung mit „beinahe 782 Stücken in 376 Bänden und Heften“ angegeben. Auch diese waren bis 1943 im Goethe-Zimmer ausgestellt. 1980 wurde dann ein Teil der Musik betreffenden Objekte, die Notendrucke, in die Musiksammlung der Széchényi-Nationalbibliothek weitergegeben.

Die ursprüngliche Zusammensetzung der Notensammlung lässt darauf schließen, dass sie Mitte des 19. Jahrhunderts entstand. Aus dem späten 18. Jahrhundert sind nämlich nur wenige Werke dabei. Eines von ihnen ist der zweite Band der Liedersammlung des Georg Carl Claudius (herausgegeben unter dem Pseudonym Franz Ehrenberg) mit einer frühen Vertonung von Goethes Maylied. Auffallend viele Objekte enthält die Sammlung aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so etwa die Erstausgabe von Beethovens Reihe Drey Gesaenge von Goethe (1811), den illustrierten Klavierauszug von Felix Mendelssohn Bartholdys Ballade Die erste Walpurgisnacht (1844) oder Franz Liszts Fest-Album zum Goethes Geburtstag (1849). Ab 1850 sind dann wieder Lücken zu bemerken, es fehlen sowohl die Vertonungen von Robert Franz als auch von Johannes Brahms. Die ungleichmäßige zeitliche Verteilung lässt vermuten, dass Elischer die Noten nicht selbst sammelte, sondern eine schon bestehende Kollektion aufkaufte. Nach der Schenkung an die Akademie kamen Stücke jüngeren Erscheinungsdatums in den Bestand des Goethe-Zimmers, so etwa die Lieder des Johann Friedrich Müller oder auch die Goethe-Lieder von Hugo Wolf.

Während die Notensammlung sich heute in der Nationalbibliothek befindet, einen anderen Teil der Dokumente mit Musikbezug bewahrt weiterhin die Akademie der Wissenschaften. In ihrer Handschriftensammlung sind u.a. zwei Originalbriefe von Goethe an Johann Friedrich Reichardt, Porträts von Beethoven, Mendelssohn Bartholdy, Carl Friedrich Zelter und Reichardt bzw. eigenhändige Schriftstücke bekannter Zeitgenossen zu finden. Als besonders wertvoll gelten Beethovens Autograph mit Noten zum Gedicht So oder so von Karl Lappe und der Originalbrief von Franz Liszt an den Komponisten Peter Cornelius.

Zu Büchern mit musikalischem Bezug gehören die Erstausgabe des Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96) „mit musikalischer Beilage“, d.h. acht Kompositionen von Johann Friedrich Reichardt, und James Simons Faust in der Musik, „mit zwölf Vollbildern in Tonätzung und zwölf Faksimiles“ in einer von Richard Strauss herausgegebenen Reihe.

Originalkomposition von Beethoven aus dem Jahr 1817, 2 Seiten (MTAK 116/97)

Der Autograph mit Noten zur ersten Strophe des Gedichts So oder so von Karl Lappe gilt als besonders wertvoll.

Ludwig van Beethoven: Herz, mein Herz, was soll das geben. Sechs Goethe-Gesänge für Gitarre. Berlin, Lischke 1809 (OSZK ZR 2006)

Herz, mein Herz, was soll das geben, Musik von L. van Beethoven für Gitarre, Sechs Gesänge, Berlin, Lischke, 1809 (OSZK ZR2006)

Originalbrief von Franz Liszt an den Komponisten Peter Cornelius. Weimar, September 1854 (MTAK 116/27)

Wilhelm Meisters Lehrjahre. Ein Roman. Herausgegeben von Goethe. Dritter Band. Frankfurt und Leipzig 1795 – Johann Friedrich Reichardts Vertonung des Gedichts Wer nie sein Brot mit Tränen aß aus dem ersten Band.

1795/1796 erschien Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre in vier Bänden. Die Ausgabe enthielt acht Kompositionen Johann Friedrich Reichardts zu den Liedeinlagen. Zur Aufführung des Liedes Wer nie sein Brot mit Tränen aß gab der Komponist folgende Anweisung: „In sich verloren, klagend“. Schmerzhaft und sehnsuchtsvoll singt der alte Harfenspieler, als Wilhelm ihn besucht.

Wilhelm Meisters Lehrjahre. Ein Roman. Herausgegeben von Goethe. Dritter Band. Frankfurt und Leipzig 1795 – Titelblatt
Der dritte Band enthält zwei musikalische Beilagen: „Heiß mich nicht reden“ und „Singet nicht in Trauertönen“

Joseph Klein: Sechs Gedichte aus Wilhelm Meisters Lehrjahre von Göthe für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig 1836 (Titelblatt)
Die Ausgabe enthält sechs Kompositionen des deutschen Musiklehrers und Komponisten Joseph Klein (1802–1862).

James Simon: Faust in der Musik. Mit zwölf Vollbildern in Tonätzung und zwölf Faksimiles, Berlin 1906 (Umschlagseite)
Der Band ist erschienen in der von Richard Strauss herausgegeben Reihe Die Musik.

Der in Auschwitz ermordete James Simon (1880–1944) war Komponist, Pianist und Musikschriftsteller. Simon komponierte u.a. Lieder, Chorwerke, Kammermusik, Klaviermusik sowie die allerdings nur einmal aufgeführte Oper Frau von Stein (1925). Im Jahr 1906 schrieb er den musiktheoretischen Aufsatz „Faust in der Musik“. Er ist weitgehend unrezipiert und nur sehr selten aufgeführt

Johann Friedrich Reichardt: Erwin und Elmire. Ein Singspiel in zwei Acten von Göthe. Berlin 1793. Widmung, Titelblatt und Verzeichnis der Arien

Reichardt schreibt in seiner Widmung: „Deinen unsterblichen Werken, edler großer Mann, dank‘ ich den frühen Schwung, der mich auf die höhere Künstlerbahn erhob: deinem näheren Umgange tausend Aufschlüsse und seelenerhebende Eindrücke, die mich als Mensch und Künstler erhoben, festeten und auf immer beglückt werden. Im Inneren überzeugt, daß solcher Gewinn dieser Arbeit einen höheren Werth gegeben, als meine bisherigen Werke hatten, geb‘ ich sie sicher und froh Dir in die Hände und freue mich des wonnigen Gefühls auf diese Weise dankbar seyn zu können.“

Brustbild von Johann Friedrich Reichardt, Holzschnitt von H. E. von Winkler, 1876

 

Felix Mendelssohn Bartholdy: Die erste Walpurgisnacht. Ballade für Chor und Orchester. Leipzig 1844. Erstausgabe – Titelblatt

Die erste Walpurgisnacht ist eine im Mai 1799 verfasste Ballade von Goethe, die Felix Mendelssohn Bartholdy in Form einer weltlichen Kantate für Soli, Chor und Orchester in Musik setzte. Die öffentliche Uraufführung fand kurz nach Goethes Tod am 10. Januar 1833 in der Sing-Akademie zu Berlin statt. 1842 arbeitete Mendelssohn das Werk grundlegend um, diese zweite Fassung wurde am 2. Februar 1843 im Leipziger Gewandhaus uraufgeführt. Unter den Zuhörern war Hector Berlioz, der sich besonders begeistert über das Werk äußerte. In dieser zweiten Fassung, dessen Titelblatt hier abgebildet ist, wird das Werk heutzutage üblicherweise aufgeführt.

Franz Liszt: Fest-Marsch zur Göthe Jubiläum-Feier für großes Orchester. Leipzig, Schuberth & Co. (o.J., ca. 1870) – Titelblatt der Partitur

Die Liebe zur Literatur spielte in Liszts Leben eine herausragende Rolle. Eine große Zahl seiner Kompositionen ist durch die Werke großer Dichter inspiriert. Zum Goethes 100. Geburtstag gab es am 28. August 1849 im Weimarer Hoftheater eine besondere Aufführung seines Tasso mit Musik von Liszt. Er komponierte hierzu eine Tasso-Ouvertüre, aus der später die Symphonische Dichtung Tasso entstand. Dazu erklang als Zwischenaktmusik u.a. auch ein Festmarsch von ihm, die erste Fassung seines Goethe-Festmarsches, damals nur für Klavier. Die Instrumentierung für großes Orchester folgte 1859.