BRIEFE

In der Sammlung von Balthasar Elischer befanden sich ursprünglich 19 Briefe, die Goethe eigenhändig geschrieben, unterzeichnet oder einem seiner Sekretäre diktiert hatte. 1953 kamen aus dem Nachlass von Móric Harsányi zwei weitere Originalbriefe dazu. Unter den Autographen der Sammlung befindet sich eine beachtliche Anzahl von Briefen und anderen Schriftstücken von Goethes Zeitgenossen. Elischer erwarb insgesamt 144 solcher Dokumente, später kamen 20 weitere dazu, zum größten Teil aus dem Harsányi-Nachlass. All diese Autographen sind in der Handschriftensammlung der Bibliothek der Akademie aufbewahrt.
Unter den Originalbriefen von Goethe finden sich drei besonders wertvolle Stücke. Im Schreiben von Goethe an Herder aus dem Jahr 1791 (oder 1792) geht es um den Lateinunterricht des Herzogs Constantin. Die anderen zwei Briefe, beide aus 1791, sind an den Berliner Hofkomponisten Johann Friedrich Reichardt (1752–1814) gerichtet. Einer enthält eine lange Abhandlung über das Weimarer Theater, im anderen geht es um Goethes Beobachtungen zur Optik und zur Farbenlehre.
Aus der Korrespondenz von Goethes Familienmitgliedern ist u.a. ein Brief seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Christiane Vulpius in der Sammlung. Das Autograph vom 4. Juli 1804 ist in vertrautem Tonfall an den Bremer Arzt Nikolaus Meyer (1775–1855), einen Freund der Familie, geschrieben.
Die Großzahl der Originalbriefe in der Sammlung stammt jedoch von Goethes Zeitgenossen, so etwa jeweils ein Autograph des Naturforschers Alexander von Humboldt (1769–1859) und seines Bruders Wilhelm von Humboldt (1767–1835). Alexanders Brief ist vermutlich an seinen Verleger Johann Friedrich Cotta gerichtet und handelt von der Verzögerung seines entstehenden Werkes, während Wilhelm sich an Carl Friedrich von Jasmund, den Landrat von Wittenberg, wendet und für einen befreundeten Arzt und Naturforscher um einen frisch getöteten Biber bittet. Die Briefe wurden in der Humboldt-Forschung bislang wenig berücksichtigt, beide werden hier zum ersten Mal in Transkription veröffentlicht.

Originalbrief von Johann Wolfgang Goethe an Johann Gottfried Herder über den Unterricht für Herzog Constantin 

Die Herzogin hat dir wegen dem Unterricht in der Lateinischen Sprache, den man nun dem Prinzen geben könnte, gesprochen. Ehe du es mit Schäfern einrichtest, versäume nicht mit Riedel deshalb zu sprechen. Es will doch jeder gern von dem, was in seinem Departement vorgeht, unterrichtet und bei einer Veränderung, wo nicht um Rath gefragt, doch begrüßt sein.

Mache dem Kleinen einen Besuch und leite die Sache ein. Verzeih daß ich dir dies angebe. Ich thue es, um Mißverständnissen vorzubeugen. Vale.

Originalbrief von Johann Wolfgang Goethe an Johann Friedrich Reichardt über seine eigenen optischen Versuche. Weimar, 17. November 1791 (MTAK 115/23)

Meine bekannte Schreibescheue hat diese Zeit her so mancherley Entschuldigungen gefunden daß meine Freunde wenig von mir gehört haben, ich ermanne mich heute um auf Ihren Brief zu antworten. Ich freue mich Sie hier zu sehen, und wenn ich Ihnen gleich kein Quartier anbieten kann (der Schweizer Meyer, dessen Sie sich aus Venedig erinnern bewohnt meinen obern Stock) so sollen Sie doch übrigens auf das freundlichste empfangen seyn; ich hoffe Zeit genug zu finden die wichtigen Angelegenheiten der fünf Sinne mit Ihnen abzuhandeln.
Mein Optisches Wesen und Treiben empfehle ich Ihrer fortdauernden Aufmerksamkeit. Es freut mich wenn Sie die Art der Behandlung mehr als die Sache ergötzt hat. Sie werden in der Folge noch wunderbare Dinge zu sehen kriegen, und wenn ich mich nicht sehr irre so wird die Neutonische Hypothese von diverser Refrangibilität der Lichtstrahlen, von ihrer Spaltung in sieben, oder Gott weiß wie viel, bunte einfache Strahlen wie eine alte Mauer zusammen fallen, wenn ich nur erst ihr Fundament werde untergraben haben. Denn einer so wohlvertheidigten Vestung ist blos durch miniren anzukommen. Ich werde Versuch an Versuch stellen und die Theorie nicht eher vortragen biß sie jeder aus den Versuchen selbst nehmen kann und muß.
Lassen Sie uns die Akustik gemeinsam angreifen! Diese großen Gegenstände müssen von mehreren aber zu gleicher Zeit bearbeitet werden wenn die Wissenschaft fortrücken soll. Ich kann mich nicht genug auf die Chymie und auf den chymischen Theil der Naturlehre berufen. Eine Wissenschaft kann nie das Besitzthum eines einzigen werden und wenn sie es eine Zeitlang wird, so schadet auch ein solcher außerordentlich Mensch indem er nutzt, oft beydes in gleichem Maaße. Ich muß nur langsam gehn aber ich freue mich schon sehr über die Theilnahme, die thätige nämlich, die ich von allen Seiten bemerke. Besonders hat das Alter unter vielen Nachtheilen den Vortheil daß es nun Jugend hinter sich sieht, die zum neuen Lust hat. Gewiß es war mir eine Absicht als ich die Kärtchen zum Vortrag wählte diese sinnlichen Eindrücke unter die Kinder zu verbreiten, ich hoffe in einigen Jahren soll das alles anders aussehen. Lassen Sie uns conferiren und jeden von seiner Seite arbeiten, ich habe mich schon mit einem Mahler und Mathematiker innig associirt und hoffe bald für die übrigen Fächer auch nahe und reine Verbindungen. Leben Sie wohl und grüßen die Ihrigen. Schreiben Sie mir wenn Sie kommen.

W. d. 17. Nov. 1791.

G.

Brief von Christiane Vulpius an den Bremer Arzt Nikolaus Meyer. Weimar, 4. Juli 1804. Fremde Handschrift, eigenhändige Unterschrift (MTAK 116/3)

Erstveröffentlichung: Freundschaftliche Briefe von Goethe und seiner Frau an Nicolaus Meyer aus den Jahren 1800 bis 1831. Leipzig 1856.

Lieber Freund,
Daß Sie nicht schreiben ist wohl nichts Anderes Schuld, als weil Sie mit Ihrem Bade beschäftigt sind, sonst würden Sie gewiß mir oder dem Geh. Rath einige Zeilen geschrieben haben. Der Geh. Rath ist von jetzt in Jena und hat mir so eben aufgetragen mich nach der Ursache Ihres Schweigens zu erkundigen.

Neues ist nichts in Weimar, als daß wir Alle der Ankunft unseres Erbprinzen entgegen sehen. Sobald der Geh. Rath von Jena zurückkommt, welches in einigen Tagen geschieht, gehe ich wieder auf etliche Wochen nach Lauchstadt und werde da das Tanz- sowohl als das Wasserbad gebrauchen. Die große Tanzlust will sich bey mir immer noch nicht verlieren. Morgen gehe ich wieder nach dem berühmten Heimrig, welches ehemals, wie Sie hier waren, beym Hofjäger ausgerichtet wurde und an das Sie sich gewiß immer noch mit Freuden erinnern werden, besonders an Treuters Elisabeth.

Auch war ich letzthin in Jena und da hat mir Madame und Dem. Müller viele Empfehlungen an Sie aufgetragen.

Nächstens werden Sie auch einen großen Brief von August. erhalten. Von demselben muß ich Ihnen nur schreiben, daß wenn er Heimrig tanzt, jedermann sagt, er mit derselben unnachahmlichen Grazie tanze als der Herr Doctor Meyer.

Auch hat mir der Herr Geh. Rath aufgetragen Sie um die Rechnung, was er Ihnen schuldig ist, zu bitten, so wie ich Sie zu gleich ersuche die bestellten 50 Pfd. Butter nicht zu vergessen, wenn ich sie auch etwas später erhalten sollte, indem solche bey jetziger Jahreszeit wohl nicht gut zu transportiren ist. Schreiben Sie mir doch, ob ich nicht für dieses Jahr eine Sendung von Ihnen erhalten kann. Leben Sie recht wohl und denken zuweilen an Ihre Freundin Christiana Vulpius.
Weimar am 4. July 1804.

(Transkription: Lajos Adamik)

Originalbrief von Alexander von Humboldt vermutlich an seinen Verleger Cotta über die Verzögerung der Fertigstellung seiner Memoiren wegen seines Umzugs nach Berlin. Berlin, 7. Dezember 1852. Unveröffentlicht. (MTAK 116/11)

Wenn ich zum letzten Male reuig und beschämt vor Ihnen erscheine, so ist es, um Sie dringend zu bitten, mir nicht zu zürnen. Als ich Ihren freundlichen Brief vom 24 Nov erhielt, habe ich mich sogleich an die Arbeit gemacht. Die Übersiedlung von Potsdam nach Berlin mit einer Unzahl kosmischer! Bücher hat (am 1 Dec) einige Unterbrechung veranlaßt, aber 3-4 Blätter zum geschriebenen Manuscript, die an bestimmte Orte einzuschalten sind, liegen fertig und in wenigen Tagen sollen Sie das ganze haben. Ich habe natürlich mich nur bemüht, wie es noch nie gedruckt geschehen ist, die Zeitgeschehen // meiner früheren Lebensjahre // anzuführen, welche zu meinen wichtigeren Werken mich angeregt haben. Ich beschränke mich auf Tatsachen und lasse natürlich, die etwas heidnische Vergötterung, das viel zu hochfärbige Lob, unangetastet. Haben Sie, verehrter Mann, die Gewogenheit, mir erst dann zu antworten, wenn ich die lange Schuld ganz abgetragen, in wenigen Tagen. Mit der ausgezeichneten Hochachtung
Euer Wohl
gehorsamster

A. v. Humboldt
Berlin, den 7 Dec 1852

(Transkription: Lajos Adamik)

Brief mit Umschlag von Wilhelm von Humboldt an den Wittenberger Landrat Carl Friedrich von Jasmund. Tegel bei Berlin, 18. Juli 1826. Unveröffentlicht. (MTAK 116/12)

Die Handschrift ist nicht diejenige Wilhelm von Humboldts, vermutlich wurde der Brief von seinem Sekretär geschrieben. Die Unterschrift ist authentisch.

Nur die wohlwollende Güte, von der Ew. Hochwohlgebohren mir oft Beweise gegeben haben, macht mich so dreist, Ihnen mit einer Bitte etwas sonderbarer Art beschwerlich zu fallen. Sie werden aus der Anlage sehen, daß ein Arzt, der sich sehr viel mit Naturgeschichte beschäftigt, und darin nicht gewöhnliche Kenntnisse besitzt, wünscht einen frischgetöteten Biber zu erhalten, und da ich ihm gern gefällig werden möchte, so ist mir eingefallen, daß vielleicht Ew. Hochwohlgebohren die Geneigtheit haben, würden geeigneter Person den Auftrag zu geben, ein solches Thier zu verschaffen. Die Erstattung der Kosten würde durch meine Hände gehen, ob Ew. Hochwohlgebohren wäre wohl so gütig, mich sogleich zu benachrichtigen, ob es gelungen wäre, eines solchen Thiers habhaft zu werden. Ich würde Ew. Hochwohlgebohren für die Bemühung ungemein verpflichtet sein.

Erlauben mir Ew. Hochwohlgeboren zugleich, Ihnen die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

Humboldt
Tegel bei Berlin, den 18. Julius 1826

(Transkription: Lajos Adamik)